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Schach macht Spaß :)

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Analyse ;)

Auf nun vermehrter Nachfrage analysiere ich gerne meine Partie aus der fünften Runde des Lippe Cups gegen T.Krüger für euch und bringe euch ein paar meiner Gedankengänge näher.

Nach der Auslosung der letzten Runde stellte sich, wie ich im Nachhinein feststellte, folgendes Bild dar: Kevin Schröder und Kryill Scheck kämpften um den Turniersieg. IM Dirk Schuh, IM Petrosian, mein Gegner Tim Krüger, Markus Henkemeier, René Wittke und ich hatten allesamt drei Punkte mit unterschiedlichster Feinwertung. Soviel war mir vor der Partie klar. Auf die Feinwertung habe ich nicht geguckt, weil meine gefühlt die schlechteste sein musste. Um aber kämpferisch zu bleiben scheute ich den Blick und wollte "nur" Schach spielen.

Vor Rundenbeginn unterhielt ich mich mit Kevin Schröder. Wir haben ein bisschen rum gealbert und uns über unsere möglichen Eröffnungen Gedanken gemacht. Er meinte zu mir, dass ich doch wieder 1.c4 spielen sollte, weil ich ja nicht nur in der dritten Runde eine gute Partie gewonnen hätte, sondern, weil 1.c4 auch ein guter Zug wäre :D Gesagt getan :-P :

 

Himpenmacher - Krüger Lippe Cup 2014 5.Runde


1.c4 Warum mal nicht etwas anderes spielen? 1...b6 Uffff.... Jetzt geht ja 2.g3 gar nicht mehr so gut, weil nach 2...Lb7 3.Sf3 Lf3: folgt und meine Bauernstruktur doof ist. 2.Sc3 Lb7 3.d4 e6 4.e4 Lb4 5.f3 Jetzt wäre 5.Ld3 nicht so gut, weil Schwarz mit 5...f5! ausgesprochen aktiv wird. Jeder sollte wissen warum man nicht auf f5 nehmen darf ;) 5...Lc3:+ ?! 6.bc: d6

                                                Stellung nach 6...d6

Die Bauernstruktur war mir bestens aus meiner Morgenpartie gegen Thomas Haase bekannt. Allerdings spielte ich diese Stellung mit Schwarz. Der Vorteil dieser Stellung ist, dass Weiß noch nicht a3 gezogen hat und Schwarz bereits Lb7. Warum das so toll ist, wird im Partieverlauf relativ klar. 7.Ld3 Se7 7...Sf6 wäre auch möglich, aber dann wäre mein Plan, wie in der Partie mit g4 anzugreifen, wahrscheinlich noch stärker. 8.Se2 c5 Der Schwarz Plan sollte relativ klar sein. Der Bauer c4 muss(!) als Angriffsobjekt herhalten. Normalerweise greift man diesen dann mittels Sc6-a5 und La6 an. 9.d5

                                                 Stellung nach 9.d5

Dieser Zug hat Vor- und Nachteile. Ein Riesenvorteil ist, dass Schwarz eine Unmenge an Zeit braucht um seine Springer ordentlich zu stellen. Gerade der Sb8 muss relativ untypisch entwickelt werden. Eine klare Route wäre a6-c7 mit der Idee b5. Eine weitere Angriffsmarke gibt es dort aber nicht, weshalb ich dann eventuell am Königsflügel oder im Zentrum aktiv werden könnte. Wenn sich da etwas öffnet werden meine Läufer sehr stark. 9...e5 Guter Rat ist teuer, weil auch f4 mal in der Luft hängt. 10.0-0 0-0 11.g4 Jetzt geht's los.

                                                Stellung nach 11.g4

Als ich diese Stellung vor meinem geistigen Auge hatte, machte ich mir Gedanken um 11...Sg6. Vermutlich behalte ich aber meinen Angriff wenn ich Le3-f2, De1 und h4 durchdrücken kann. Ich muss zugeben, dass ich meine Stellung bereits als sehr gut eingeschätzt habe und keine wirklich brauchbare schwarze Alternative fand. Tim zog das für mich überraschende 11...f6? 12.f4 Sonst spielt er einfach 12...g5 und ich komme nicht weiter. 12...ef: Mich bis f5 laufen lassen darf er nicht 13.Sf4: Jetzt ist der oben angesprochene Lb7 ein Nachteil.

                                                Stellung nach 12.Sf4:

Mein einer Springer wirkt hier wunder. Er schielt nicht nur nach e6, sondern verhindert das sich ein Springer über g6 oder d7 auf e5 einpflanzen kann. Mein weißfeldriger Läufer wäre dann eine Katastrophe. 13...Lc8 Ab hier wird es etwas unübersichtlich und wild. Ich dachte, ich müsste unbedingt 14.h4 spielen, weil schwarz sonst das eigenartige 14...g5 hätte. Nach 14.De2 spuckt die Engine dann aber das ebenso eigenartige 15.e5 aus und sagt: "Lass das Pferd, Pferd sein." Nach 15...gf: möchte er dann mit 16.e6 weiterspielen und alle schwarzen Figuren lahm legen.

                                               Analysediagramm

Natürlich habe ich das nicht gerechnet :D 14...Sg6 15.Sg6: hg: 16.e5 gießt Öl ins Feuer.

                                                Stellung nach 16.e5

Ich hatte eine Menge Bedenkzeit in diese Stellung gesteckt und abgeschätzt, dass sie einfach gut für mich sein muss. Immerhin explodieren meine Läufer gerade zu, während die Schwarzen Figuren alle im "Häuschen" stehen. 16...fe: 16...de: ist positionell schlecht. 17.Lg5 Tf1:+ 18.Df1: De8

                                                Stellung nach 18...De8

Tim findet den besten Zug und verteidigt sich in knapp werdender Zeit wirklich stark. 19.De2 Sd7 20.h5 20.Tf1 ist sinnvoller. Die letzte Figur die noch nicht im Spiel ist, sollte aktiviert werden. 20...gh: 21.Tf1?

                                                 Stellung nach 21.Tf1?

Als Tim am Zug war sah ich die Erwiderung 21...e4!. Schwarz bekommt dann das schöne Feld e5 für seinen Springer. Die Stellung wäre dann wohl komplett ausgeglichen, allerdings hätte ich noch einige gute Züge finden müssen. 21...Sf8 22.gh: Ld7 23.Tf2 mein Angriff läuft jetzt 23...Sh7?? In absoluter Zeitnot wirft Schwarz die Partie sofort weg. Allerdings drohe ich auch schon h6 mit voller Attacke. 24.Lg6

                                                Stellung nach 24.Lg6

Jetzt habe ich endlich eine Stellung mit konkreter Gewinnidee erreicht. Wenn die Dame wegzieht, spiele ich Le7 und fast alle meine Figuren fallen ins schwarze Lager ein. Tim gibt sich damit nicht zu frieden und gibt die Dame für Verwicklung und Spiel. 24...Sg5: 25.Le8: Sh3+ 26.Kh2 Te8:

                                                 Stellung nach 26...Te8:

In beiderseits hochgradiger Zeitnot wird es noch mal kritisch. Die Engine gibt 27.h6 mit Gewinnstellung an. Mir war  das aber alles andere als klar. Also zog ich 27.Tf1, weil ich meinen Angriff zu Ende bringen wollte. Alles in der kürze der Zeit zu kalkulieren und zu bewerten ist mir nicht gelungen :D 27...Sf4 28.Df3? 28.Db2 wäre viel besser, weil ich den Umstand das mein Bauer noch auf a2 steht hätte ausnützen können --> Da3. 28...Lf5? 28...Tf8 ist viel besser und hält die Partie sogar noch im Gleichgewicht! :-O Der Turm wird dann über die sechste Reihe aktiviert. Das ist uns beiden auch in der Analyse danach völlig entgangen. 29.De3 g5 30.hg: e.p. Lg6: 31.Tf4:!

                                                Stellung nach 31.Tf4:!

Und jetzt ist es vorbei. Der Schwarze König ist ohne Schutz und der Bauer d6 wird früher oder später fallen. Nach ein paar weiteren Züge gab mein Gegner auf. Eine sehr interessante Partie mit einigen hübschen Motiven.

Ich hoffe euch hat sie gefallen ;)